Nordex, Gamesa, Senvion - Beginnt das große Schlachten?
Die Hersteller von Windkraftanlagen kommen unter immer stärkeren Druck
Die Windkraft gilt seit Jahren als der Hoffnungsträger bei den sogenannten regenerativen Energieträgern. Das gilt insbesondere für die Energiewende in Deutschland. Denn während die Solarenergie-Branche durch Billiganbieter aus Fernost kaputtgemacht wurde und heutige deutsche Firmen nur noch als Nischenanbieter fungieren, hat die deutsche Windkraftbranche durchaus ein sehr solides Standing erreicht.
Doch ziehen vermehrt dunkle Wolken am Horizont auf. Und das gilt insbesondere für den deutschen Heimatmarkt. Erst vor wenigen Tagen wurde gemeldet, dass der Ausbau von Windkraftanlagen an Land, dem sogenannten Onshore-Geschäft, faktisch zum Erliegen gekommen ist. Zwei Gründe sind dafür bestimmend. Zum einen stapeln sich in den zuständigen Behörden die Genehmigungsverfahren, was wieder einmal zeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit in der deutschen Bürokratie weit auseinanderliegen.
Weitaus brisanter dürfte allerdings der wachsende Widerstand in den einzelnen Regionen sein. Denn es ist unbesehen einer der absoluten negativen Nebenwirkungen des Windkraft-Ausbaus, dass gewachsene Kulturregionen verschandelt werden. Das Fällen halber Wälder gehört dazu und auch wenn wir hier an dieser Stelle keine politische Diskussion vom Zaun brechen wollen, so ist das dazugehörige Schweigen der grünen geradezu dröhnend.
Immer mehr Gegenwind bei Genehmigungen
Ganz aktuell kommt auch noch ein dritter dazu. Denn immer öfter werden Genehmigungen versagt, weil sie als Sicherheitsrisiko für die Deutsche Flugsicherung angesehen werden. Hier geht es um die sogenannten UKW-Drehfunkfeuer, deren Funksignale durch Windkraftanlagen potenziell gestört werden könnten. Bei den Drehfunkfeuern handelt es sich zwar schon um veraltete Technik, die nach und nach durch Satelliten ersetzt werden soll. Doch bekanntlich arbeiten die Mühlen in Deutschland besonders langsam.
Auch wenn für die deutschen Windkraft-Anlagenbauer Deutschland immer noch ein wichtiger Markt ist, so haben diese grundsätzlich ja die Zeichen der Zeit erkannt und sich internationalisiert. Doch das, was die deutschen Verbraucher mittlerweile deutlich in ihren Brieftaschen zu spüren bekommen, nämlich die stetige Verteuerung von Energie aufgrund des steigenden Anteils regenerativer Energieträger, schreckt in anderen Ländern ab. Was sich in zunehmend problematischen Geschäftszahlen der beteiligten Firmen niederschlägt.
SIEMENS GAMESA symptomatisch
So hatte gerade die spanische SIEMENS GAMESA gemeldet, dass man im zurückliegenden dritten Fiskalquartal einen deutlichen Gewinneinbruch von zuvor 44 Millionen Euro auf nur noch 21 Millionen Euro verzeichnen musste. Der Umsatz ging im gleichen Zeitraum zwar um stattliche 23,3 % auf 2,63 Milliarden Euro nach oben. Doch verringerte sich die EBIT-Marge von zuvor 7,3 % auf nur noch 6,1 %.
Fragezeichen gibt es auch für die weiteren Geschäftszahlen. Zwar bleibt SIEMENS GAMESA noch bei seiner Umsatzprognose von 10-11 Milliarden Euro im Gesamtjahr, sieht sich allerdings eher im unteren Teil. Beim Gewinn benötigt man ebenfalls im zweiten Halbjahr noch einen Schlussspurt. Doch selbst wenn SIEMENS GAMESA das schaffen sollte, bleibt der Ausblick mehr als unsicher. Die Auswirkungen des Handelskrieges zwischen den USA und China würden genauso wie der mögliche ungeordnete Brexit belasten. Doch letztlich gibt es ein weitaus größeres Problem. Denn die Preise am Markt scheinen schneller zufallen, als die Unternehmen in der Lage sind, ihre Kosten zu senken.
Und wenn schon ein Großer wie SIEMENS GAMESA hierbei Probleme hat, werden die Kleinen schnell zerrieben. So wird beim insolventen Windkraftanlagen-Bauer SENVION eine Zerschlagung immer wahrscheinlicher. Mögliche Käufer wie Siemens GAMESA, ACCIONA oder VESTAS sollen nur Interesse an Teilen des Unternehmens haben. Für die letzten Aktionäre dürfte unter dem Strich also kaum etwas mehr übrig bleiben.
NORDEX rutscht durch
Und auch für den deutschen Anbieter NORDEX könnte es zunehmend rauer werden. Noch Anfang des Monats hatte die Aktie des Windturbinen-Herstellers kräftige Gewinne verbuchen können, weil man ein prall gefülltes Auftragsbuch dem Markt präsentieren konnte. Doch diese Steilvorlage war nach den Meldungen zum stockenden Ausbau an Land schnell Makulatur. Für NORDEX ist das gefährliches Pflaster. Zwar hat man in den vergangenen Quartalen viel dafür getan, sein Geschäft zu internationalisieren und auch im deutschen Offshore-Bereich einen Schwerpunkt zu legen. Dennoch sind solche Nachrichten kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass NORDEX erst Mitte August seine nächsten Quartalszahlen vorlegt. Viel Zeit also, um auch über Negatives zu spekulieren.
Das aktuelle Zwischenergebnis: Die Aktie hat nicht nur ihre Gewinne von Anfang Juli wieder einkassiert, sondern ist auch durch die Unterstützung von 12 Euro gefallen. Was das charttechnische Risiko akut werden lässt, dass es auch noch in den Bereich von 9,50 Euro gehen könnte.
Fazit
Es mag zwar insbesondere in Deutschland politisch gewollt sein, den Windanlagen-Ausbau weiter voranzutreiben. Doch an den neuen Realitäten kommt man auch hierzulande nicht vorbei. Und im internationalen Geschäft gibt es auch die eine oder andere Bremsspur mit entsprechend starkem Druck auf die Preise. Unter diesen Prämissen würden wir derzeit von Investments bei Windkraftanlagen-Bauern generell abraten. Wir werden entsprechend auch unsere aktuellen Dispositionen bereinigen. Das betrifft einerseits die Karteileiche SENVION, die wir als Totalverlust abschreiben müssen. Nachdem SIEMENS GAMESA ebenfalls kräftig unter Druck geriet, empfehlen wir auch hier den Verkauf mit einem kleinen Mini-Gewinn und bei NORDEX würden wir mindestens zu einer Halbierung der Position raten. Eine endgültige Entscheidung würden wir bis zum 14. August aufschieben, wenn die nächsten Quartalszahlen veröffentlicht werden.
02.08.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de
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