Bei der Deutschen Bank warnt der Chef vor einem zu schnellen Einknicken der Zentralbanken bei der Inflationsbekämpfung
Was bedeutet das für die Anleger?
Seit einer kleinen Ewigkeit sind Zinsen und Inflation die beherrschenden Themen an den Märkten. Wie die Zentralbanken sich angesichts der derzeitigen Herausforderungen verhalten sollten, dazu gehen die Ansichten auseinander. Einige fordern ein konsequentes Handeln, andere fürchten eine schwächelnde Wirtschaft und erhoffen sich schon jetzt wieder baldige Zinssenkungen. Nun hat sich auch Christian Sewing zu dem Thema geäußert.
Gegenüber „The Pioneer“ sprach der Chef der Deutschen Bank (DE0005140008) davon, dass die Inflation noch lange nicht überwunden sei. Ferner wäre es ein schwerer Fehler seitens der Zentralbanken, jetzt schon nachzulassen. Sewing hat nach eigener Aussage aber auch keinerlei Zweifel daran, dass sowohl Fed als auch EZB alles daran setzen werden, die Preisentwicklung wieder auf ein gesundes Niveau zu befördern.
Dass ein solcher Kurs dem Wirtschaftswachstum nicht eben zuträglich sein dürfte, ist dem Deutsche-Bank-Chef sehr bewusst. Er betont aber, dass auch eine mögliche Rezession in Kauf genommen werden müsse, um der Inflation Herr zu werden. Das zweite Halbjahr und vielleicht auch das erste Quartal 2024 werden laut Sewing wohl wahrscheinlich noch immer schwierig werden. Es sei aber angebracht, die derzeitigen Probleme „rauszuschwitzen“, was eine Volkswirtschaft wie Deutschland auch aushalten könne.
Eine gute Entwicklung für die Deutsche Bank?
Manch einer mag Christian Sewing bei derlei Ausführungen eine gewisse Eigennützigkeit unterstellen. Schließlich gehören gerade die Banken zu den wenigen Profiteuren von steigenden Zinsen. Auch die Deutsche Bank macht tendenziell bessere Geschäfte und höhere Gewinne, wenn die Zentralbanken weiter an der Zinsschraube drehen. In diesem Fall klingt es aber nicht danach, als wolle der Chef nur die Renditen des Instituts in die Höhe treiben.
Zudem ist der Zinskurs von EZB und Co. auch für die Deutsche Bank durchaus mit Risiken verbunden. Das zeigte sich zuletzt im Frühjahr sehr deutlich, als diverse US-Banken in die Krise rutschten und in hiesigen Gefilden die Credit Suisse kurz vor dem Kollaps stand. Höhere Zinsen führen auch zu einem größeren Risiko von Kreditausfälle. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kundschaft sich mit der Aufnahme neuer Kredite eher zurückhalten wird. Steigende Zinsen sind daher noch lange kein Garant dafür, dass bei der Deutschen Bank oder anderen Kreditinstituten plötzlich die Gewinne sprudeln.
Auch wenn die Deutsche Bank selbst bisher nicht ernsthaft in Gefahr geraten ist, so haben die Entwicklungen im Sektor dennoch deutliche Spuren hinterlassen. Bis heute konnte die Aktie des Geldhauses sich von den Kursverlusten im März nicht erholen. Von nicht ganz 12 Euro ging es zeitweise bis auf nur noch etwa 8,50 Euro in die Tiefe. Bei Handelsschluss am Dienstag standen 9,34 Euro auf dem Kurs. Da braucht es schon einiges an Wohlwollen, um eine Erholung erkennen zu wollen.
Für die Deutsche Bank wird es nicht einfacher
Zumindest eine Weile lang versuchten die Bullen sich noch daran, die Deutsche Bank-Aktie wenigstens über die Marke von 10 Euro zu befördern. Eben jene ist in den letzten Tagen aber schon wieder etwas in die Ferne gerückt. Etwas Hoffnung machte der Dienstag, welcher Kursaufschläge von 1,8 Prozent mit sich brachte. Die Stimmung bleibt jedoch angeschlagen und die große Unsicherheit steht einem nachhaltigen Turnaround weiterhin im Weg.
Bisher hilft es auch wenig, dass viele Analysten die Abverkäufe aus dem Frühjahr für übertrieben halten und teils saftige Erholungen in Aussicht stellen. Zu groß sind die nagenden Zweifel an der Stabilität der Banken sowie mit Blick auf die Zinspolitik der westlichen Notenbanken. Nüchtern betrachtet hat die Deutsche Bank fundamental viel mehr zu bieten als in vergangenen Jahren und eine deutliche Erholung beim Aktienkurs erscheint schon fast wie eine logische Konsequenz. Doch bekanntlich geht es an der Börse eben längst nicht immer logisch zu.
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28.06.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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