Lilium stellt Insolvenzantrag – Liquidität kann nicht mehr sichergestellt werden
Geschichte eines steilen Aufstiegs und eines noch schnelleren Absturzes
Lilium stellt Antrag auf Insolvenz in Eigenverantwortung. Nach großen Versprechen und großen Träumen scheint das Scheitern des Start-Ups vorprogrammiert.
Lilium (NL0015000F41) hab bereits in der kurzen Firmengeschichte eine äußerst volatile Geschäftsentwicklung hinter sich. Das Start-up wurde im Jahr 2015 von Ingenieuren der Technischen Universität München gegründet und hatte die Vision ein völlig autonomes Flugtaxi zu bauen, dass primär für den Personentransport in Städten und Geschäftsreisen eingesetzt werden soll.
Bereits 2017 präsentierte das Unternehmen dann den ersten flugfähigen Prototyp und konnte direkt Absichtserklärungen mit Unternehmen und staatlichen Einrichtungen wie der Schweizer Bundesbahn unterzeichnen. Zu Beginn der Unternehmensgeschichte wurde das Unternehmen noch mit 90 Millionen Euro vom Business Incubation Centre Bayern unterstützt. Das Geld wurde allerdings auch für die Weiterentwicklung des Prototyps ausgegeben, sodass man im Jahr 2020 eine neue Finanzierungsrunde startete. Während zu dem Zeitpunkt bereits 375 Millionen US-Dollar in das Unternehmen investiert wurden, lag der Wert bei der Finanzierungsrunde lediglich bei 240 Millionen US-Dollar.
Ebenfalls im Jahr 2020 verlagerte man den Firmensitz dann von Bayern in die Niederlande. Im März 2021 veröffentlichte man dann in der Hochphase der IPOs eine Absichtserklärung, dass man durch die Fusion mit einem SPAC an die US-amerikanische Technologiebörse NASDAQ gehen möchte. Um diese auch durchzuführen, war man allerdings gezwungen seine Bilanz zu korrigieren. Konkret musste man die Anlaufverluste neu kalkulieren, die sich zu diesem Zeitpunkt anstatt auf 42,8 Millionen Euro auf 75,4 Millionen Euro aufsummierten. Bereits zu diesem Zeitpunkt musste man daher einen Risikohinweis zum Fortbestand des Unternehmens veröffentlichen.
Zum Zeitpunkt des Börsengangs im September 2021 betrug der Verlust für das Geschäftsjahr 2020 bereits 188 Millionen Euro. Trotz der Tatsache, dass man weiterhin keinerlei Umsätze zu verzeichnen hatte wurde das Unternehmen nach den Börsengang und zur Hochphase der SPAC-Rally an der NASDAQ mit 2,4 Milliarden US-Dollar bewertet. Der Börsengang brachte Lilium weitere 430 Millionen US-Dollar an Liquidität ein.
Nachdem man dann der Öffentlichkeit die Einführung eines 7-sitzigen Modells präsentierte, wurden auch die Verluste exponentiell gesteigert und man verbrannte jedes Quartal mehr Geld. Bereits im Oktober wurden dann die Verluste seit der Unternehmensgründung auf rund 841 Millionen US-Dollar geschätzt. Da der Markteintritt aber im Jahr 2025 erfolgen sollte und damit in greifbarer Nähe lag, schaffte man es sich weitere Liquidität von 230 Millionen US-Dollar zu sichern. Dennoch schätzen Analysten den aktuell ungedeckten Kapitalbedarf auf über 500 Millionen US-Dollar.
Anfang 2023 bestätigte man auch unternehmensseitig, dass eine Deckungslücke im mittleren dreistelligen Millionenbereich vorliegt. Auch die Pläne für den Markteintritt wurden weiter verschoben. So soll der Erstflug nun Ende 2024 stattfinden, die Zertifizierung des Modells dürfte allerdings erst Mitte 2026 abgeschlossen sein. Auch wenn man sich in den nächsten Monaten dann weitere liquide Mittel in Höhe von rund 300 Millionen Euro sichern konnte, wurde auch der Verlust pro Quartal weiter ausgebaut und man verbrannte die gewonnen Liquidität immer schneller.
Anfang Juni 2024 bat man dann die Bayrische Staatsregierung um eine Haftungsübernahme eines Darlehens in Höhe von rund 100 Millionen Euro. Während dies eine Debatte in der bayrischen Staatsregierung auslöste, konnte sich Ministerpräsident Söder am Ende durchsetzen und man kündigte an für 50 Millionen Euro zu bürgen, unter der Bedingung, dass die Bundesregierung ebenfalls für eine Betrag von 50 Millionen Euro bürge. Dies lehnte man in Berlin allerdings ab.
Am Mittwoch kündigte Lilium nun der US-Börsenaufsicht SEC mit, dass man nicht mehr über die finanziellen Mittel verfüge, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Der Vorstand kündigte weiterhin an, einen Insolvenzantrag in Eigenverantwortung aufgrund der Zahlungsunfähigkeit stellen zu wollen. Allerdings sei offen, ob diesen Antrag aufgrund der hohen Verschuldung überhaupt stattgegeben wird, da auch der Hoffnung auf potenzielle Umsätze in der Zukunft schwinden.
Der Lilium-Chef und ehemaliger Airbus-Manager Klaus Roewe sieht sich dabei von der Bundesregierung in Stich gelassen. Seiner Ansicht nach sind die die Investitionen in ein elektrisches Kleinflugzeug einfach zu hoch, um allein privatwirtschaftliche getragen zu werden. Während die USA und China die Entwicklung von elektrischen Flugzeugen jährlich mit mehreren Hundert Millionen US-Dollar unterstützt, bleibt diese Forderung in Deutschland aus. Hierbei vergisst Roewe allerdings, dass man selbst alle wirtschaftlichen Verknüpfungen mit Deutschland abgeschnitten hat. Der Hauptsitz des Unternehmens ist in den Niederlanden, die Produktion in Großbritannien und die Börsennotierung in den USA. Warum sollte also der deutsche Staat und damit auch der deutsche Steuerzahler für ein Unternehmen, dass sich schnell von Verbindungen und Verpflichtungen in Deutschland getrennt hat, haften?
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28.10.2024 - Christian Teitscheid
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