
Evonik will die Produktion von Wirkstoffen in Hanau einstellen und auch anderswo bei Generika auf die Bremse treten, um sich mehr auf komplexe Produkte zu konzentrieren
Die Anleger reagieren gefasst auf die Pläne von Evonik
Europäischen Herstellern fällt es immer schwerer, beim Geschäft mit Generika mit der chinesischen Konkurrenz mithalten zu können. Das hat nun auch bei Evonik Folgen. Das Unternehmen kündigte am Freitag an, einen Teil seiner Produktion im hessischen Hanau einstellen zu wollen. Bis Ende 2025 soll die Schließung über die Bühne gehen und 260 der insgesamt 3.500 Stellen am Standort stehen damit auf der Kippe.
Einen Teil der Mitarbeiter will Evonik (DE000EVNK013) nach eigener Aussage in anderen Produktionsanlagen in Hanau unterbringen. Zudem sei der Wechsel an weitere Standorte in der Region möglich, darunter Darmstadt oder Steinau an der Straße. Alle 260 Angestellte werden aber wohl nicht weiterbeschäftigt werden können. Für einen Teil sollen in Kooperation mit dem Betriebsrat sozialverträgliche Lösungen gefunden werden, was jedoch nicht en Detail ausgeführt wurde.
Der Schrumpfkurs bezieht sich in erster Linie auf die Herstellung von Wirkstoffen auf Basis von Ketosäuren. Solche kommen beispielsweise bei Schmerzmitteln oder Herzmedikamenten zum Einsatz. Das Geschäft ist laut Evonik schon seit etwa fünf Jahren nicht mehr profitabel, was direkt auf die immer schärfere Konkurrenz aus China zurückgeführt wird. Mit jener kann der hiesige Hersteller offenbar nicht länger mithalten, was auch an den höheren Energiekosten liegen dürfte. Jene sind zuletzt zwar wieder deutlich zurückgegangen, liegen aber weiterhin höher als vor Kriegsbeginn in der Ukraine.
Evonik orientiert sich neu
Auch an anderen Standorten sollen die Geschäfte mit Wirkstoffen für Generika zurückgefahren werden. Betroffen davon sollen Standorte in Frankreich und China sein. Anders als in Hanau ist jedoch keine Schließung vorgesehen. Im chinesischen Wuming soll ein Verkauf eines entsprechenden Werks geprüft werden. Grundsätzlich werden in den beiden Standorten laut Evonik ähnliche Ausgangsstoffe hergestellt, welche aber für andere Wirkstoffe zum Einsatz kommen. Die Produktion sei bisher noch wettbewerbsfähig.
Auch in Zukunft will Evonik mit Pharmakunden Geschäfte machen, konzentriert sich aber immer stärker auf die Produktion von komplexeren Produkten. Dazu gehören etwa Lipide, die bei Corona-Impfstoffen dafür verantwortlich sind, den Wirkstoff in die Zelle zu befördern. Das Prinzip könnte in Zukunft noch bei vielen weiteren Medikamenten zum Einsatz kommen, etwa bei den momentan in Entwicklung befindlichen Krebs-Impfstoffen auf mRNA-Basis.
Eine Erfolgsgarantie gibt es bei solchen Projekten nicht. Doch die Aussichten sind für Evonik und Partner des Wirkstoff-Herstellers sehr attraktiv. Neue Medikamente locken dank eines Patentschutzes mit sehr viel höheren Margen. Genau deshalb baut Evonik die Produktion von Lipiden auch weiter aus und investiert kräftig im Bereich. Unter dem Strich vollzieht der Konzern nicht weniger als einen vollständigen Strategiewechsel und reagiert damit sowohl auf gestiegene Kosten als auch eine sich verändernde Nachfrage.
Die Anleger sind gespannt
Es lässt sich nicht zweifelsfrei vorhersehen, ob Evonik damit den richtigen Kurs einschlägt und wieder zurück in den Wachstumskanal finden kann. Die Anleger hoffen natürlich darauf, wollen sich auf neuerliche Erfolge aber nicht blind verlassen. Die Evonik-Aktie reagierte auf die jüngsten Ankündigungen kaum. Am Freitag trat der Titel auf der Stelle und legte nur um 0,1 Prozent bis auf 21,03 Euro zu. Immerhin gab es keine Kursverluste zu sehen, sodass die Anteilseigner dem Management durchaus ein Stück weit Vertrauen aussprechen.
Dennoch bleibt der Chart weiterhin angeschlagen und von den heftigen Einbrüchen im Jahr 2022 konnte sich Evonik bislang noch nicht richtig erholen. Damals kratzte der Aktienkurs noch an der Marke von 30 Euro. Wettbewerbsnachteile und ein scharfer Rückgang der Nachfrage nach Corona-Impfstoffen haben jedoch ihre Spuren hinterlassen. Schnelle Besserung ist eher nicht in Sicht. Umso wichtiger ist es da, dass Evonik nun die richtigen Weichen für die langfristige Zukunft stellt. Ob dies mit den nun angekündigten Schritten gelungen sein mag, kann aber nur jeder für sich selbst beurteilen.
Evonik Industries-Aktie: Kaufen oder verkaufen?
Die neuesten Evonik Industries-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Evonik Industries-Aktionäre. Lohnt sich aktuell ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen?
Konkrete Empfehlungen zu Evonik Industries - hier weiterlesen...
14.10.2024 - Andreas Göttling-Daxenbichler
Auf Twitter teilen Auf Facebook teilen
Informiert bleiben - Wenn Sie bei weiteren Nachrichten und Analysen zu einem in diesem Artikel genannten Wert oder Unternehmen informiert werden möchten, können Sie unsere kostenfreie Aktien-Watchlist nutzen.
Folgende Artikel könnten Sie auch interessieren
Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur
Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)